Mittwoch, 30. April 2008

Auch Tiere drücken die Schulbank und werden von den Älteren "instruiert"

Bildquelle Pixelio: (c) guedo
Antje Findeklee- spektrumdirekt v. 30.04.2008
Erdmännchen machen Lehraufwand von eigenen Kosten abhängig
Jüngere in die Schule zu schicken, galt lange als rein menschliche Errungenschaft. Längst aber wissen wir, dass auch andere Spezies dem Nachwuchs gezielt praktische Methoden beibringen. Während bei uns aber der Staat die Kundigen dafür bezahlt, sieht die Kosten-Nutzen-Rechnung in freier Wildbahn anders aus - und dementsprechend auch das Engagement der Lehrenden.

weiter bei spektrumdirekt: Bildung fast zum Nulltarif

Katja Seefeldt - heise-online v. 19.07.2006:
Lernen in der Erdmännchenschule
Erdmännchen zeigen dem Nachwuchs geduldig, wie er mit lebender Nahrung umzugehen hat Erdmännchen sind gesellige Tiere, die in Kolonien leben. Alle Mitglieder beteiligen sich an den sozialen Aufgaben und der Nachwuchsbetreuung, egal, ob verwandt oder nicht. Wie Zoologen in der aktuellen Ausgabe von Science (Vol. 313 vom 14. Juli 2006) herausgefunden haben, betätigen sie sich dabei auch als geduldige Lehrer, die dem Nachwuchs beibringen, wie er auch mit hochgefährlicher Beute umzugehen hat. Ihren "Lehrplan" richten sie dabei am Entwicklungsstand des Schützlings aus.

weiter bei heise-online:
Lernen in der Erdmännchenschule

Wie funktioniert das Lernen am Modell? Ausführliche Informationen dazu bei porträt [werner.stangl]s arbeitsblätter
Lernen am Modell - Albert Bandura
Lernen am Modell - Albert Bandura Neben dem Begriff "Lernen am Modell" oder "Modelllernen" findet man die Bezeichnungen "Nachahmungs-" und "Imitationslernen", "Vorbildlernen", "Beobachtungslernen", "stellvertretendes Lernen" oder "no trial learning". Bandura selbst hielt solche Differenzierungen für unnötig.
weiter hier:
Lernen am Modell - Albert Bandura

Erdmännchen Tierportrait mit schönen Fotos

Kein Sport in der Grundschule, weil es keine Turnhalle gibt.....

Bildquelle Photocase: (c) Bratscher
Die beiden Sportlehrer sind an unserer kleinen Grundschule gleichzeitig auch Klassenlehrer. Klassenlehrer tragen besondere Verantwortung und müssen ihre Aufsichtspflicht in gesetzlichem Umfang erfüllen können. An Sportlehrer werden zusätzliche Anforderungen gestellt, denn sie haben aufgrund der besonderen Raumwechselsituationen (Gang zur Turnhalle mit der Klasse), mögliche Streitigkeiten und Auseinandersetzungen im Vorraum, während sich die Kinder umziehen und dann noch den vielen Verletzungsmöglichkeiten während des Sports, sowie der Gang zurück in das Klassenzimmer, erhöhte Belastungen. Oft müssen aus schulorganisatorischen Gründen noch Klassen für den Sportunterricht zusammen gezogen werden, so dass neben dem Unterricht Sportlehrer besonders gestresst werden.

Klassenlehrer haben dazu die gesteigerte Verantwortung für ihre eigene Klasse. Wenn nun die verantwortliche Kommune nicht rechtzeitig für eine neue Turnhalle sorgt, nachdem die alte geschlossen werden musste, entstehen für eine betroffene Schule besondere Probleme.

Die Gemeindeverwaltung übersieht die o.g. Belastungen und schlägt nun vor, dass die Schüler mit dem Bus in andere Teilorte zum Sportunterricht fahren. Das heißt wie oben schon erwähnt, für die Lehrer ein besonderer Aufwand. Damit noch ausreichend Zeit für den Sport bleibt, muss vorzeitig der Fachunterricht beendet werden, die Schüler alle zeitgenau versammelt und in den Bus "verfrachtet" werden. Um die Rückfahrt rechtzeitig antreten zu können, muss der Sportunterricht wiederum verfrüht beendet werden.

Das alles bedeutet für die Lehrkräfte zusätzlichen Stress und keine Möglichkeit einer kurzen "Erholungspause" während des Unterrichtstages.....
Wie die Kommune und Schule dieses Problem lösen wird, ist im Moment nicht bekannt....

Mindestens bis zum Februar 2009 wird dieser Zustand anhalten...........

Und wieder stellt sich die Frage, warum so wenig für die Schule und Schüler getan wird. Knappe Lehrerbesetzungen, große Schülerzahlen, zu dicke Kinder, der Schrei nach verstärktem Sportunterricht und dann scheitert es an einer Turnhalle.......

Quelle: Haller Kreisblatt, Lokales Halle, Thema (30.04.2008): "Planung für neue Turnhallen vergeben - Gestern hitzige Debatte im Schulausschuss"

Unselbständige "selbständige" Schulen - wie Schulerlasse pädagogisches Handeln verhindern (NRW)

Bildquelle Pixelio: (c) Gerd Altmann
Was passiert, wenn das Schulamt feststellt, dass nach Einstellung eines Seiteneinsteigers für ein halbes Schuljahr eine Schule einen "Lehrerüberhang" hat?
  • 1. Das Schulamt versucht die neu eingestellt Kraft widerrechtlich zu zwingen, für ein halbes Jahr zunächst an einer anderen Schule zu unterrichten.
Was passiert, wenn diese Lehrkraft gemäß geltendem Recht dieses Ansinnen ablehnt? Ja, richtig, Sie wird vom Schulamtsdirektor massiv unter Druck gesetzt und bei jeder nächsten, sich bietenden Möglichkeit wird dieser Lehrkraft von Seiten des Schulamtes das Leben schwer gemacht - unabhängig davon, ob sie gut oder schlecht ist...
In diesem Falle hat die angehende Lehrkraft mutig das Ansinnen des Schulamtsdirektors abgelehnt.... Also
  • 2. Das Schulamt macht einen "Deal" mit einer Lehrkraft mitten im Schuljahr (Klassenlehrer einer 6. Hauptschulklasse), welche aus privaten Gründen in ein anderes Bundesland ziehen möchte und versetzt diese für ein halbes Jahr mitten im Schuljahr ! an eine andere Schule. Danach darf diese Lehrkraft in den Schuldienst des anderen Bundeslandes wechseln.
Die Folge:
Eine 6. Klasse steht von heute auf morgen ohne Klassenlehrer da, welcher dort den Hauptteil des Unterrichts bestritten hat! Fachunterricht in Physik entfällt für einige Klassen, ebenfalls der Hauswirtschaftsunterricht. Denn die neue Lehrkraft arbeitet mit verringerter Stundenzahl.....
Die 6. Klasse reagiert sehr emotional und lehnt zunächst die neue Lehrkraft, welche für die Fehlplanung des Schulamtes ja gar nichts kann, zunächst ab.
Es treten die üblichen Umstellungsschwierigkeiten auf. Der neuen Lehrkraft wird von vornherein umfangreicher fachfremder Unterricht zugemutet, eine Maßnahme, welche die Unterrichtsqualität nicht verbessert ;-) Bildquelle Pixelio: (c) Regina Kaute

Hier wurde zu Lasten der Schüler und der Schule, sowie der Unterrichtsqualität gehandelt und gespart. Das war vor 6 Jahren. Damals "gestaltete" eine SPD regierte Landesregierung die Bildungspolitik.

Der CDU-Wahlkampf war dementsprechend gespickt mit Vorwürfen gegen die SPD-Schulpolitik:
  • zu große Klassen
  • zu wenige Lehrer
  • zu wenig Unterrichtsqualität
  • zu wenig Förderunterricht
  • zu wenig Förderung für Migrationskinder
  • etc. etc.
Die CDU trat mit dem Versprechen an, das alles ändern zu wollen und die Menschen im NRW-Lande gaben den Politikern Recht - sie wurden gewählt und es gab

  • zu große Klassen
  • zu wenige Lehrer
  • zu wenig Unterrichtsqualität
  • zu wenig Förderunterricht
  • zu wenig Förderung für Migrationskinder
  • etc. etc.
Liebe Leser, das ist die Realität und keine erfundene Geschichte!
Und wie sieht es heute aus? Unverändert, nur mit anderem politischen Vorzeichen! Heute tituliert unsere Tageszeitung "Haller Kreisblatt" im Lokalteil von Werther:
  • Ein Schüler ist das Zünglein an der Waage
Im ostwestfälischen Werther werden 31 Schüler eingeschult. Es gibt eine Klasse mit 15 Schüler und eine mit 16 Schüler, bei gleichbleibender Lehrerzahl. Das bedeutet: auch wenn die Schule für diese Lösung eine Lehrkraft mehr benötigt, wird diese von der Landesregierung nicht zur Verfügung gestellt!

Das heißt der "neue Schulerlass (04/2008!)", wonach zwei Klassen gebildet werden dürfen, wenn die Schülerzahl in den ersten beiden Klassen die Zahl 30 überschreitet, steht quasi nur auf dem Papier. Denn angesichts fehlender Lehrkräfte lässt sich das nur schwer umsetzen. Die Lehrerzahl richtet sich nicht - wie es sein müsste - nach dem vorhandenen Stundenbedarf, welcher natürlich doppelt so hoch ist, wenn aus einer Klasse zwei gebildet werden.....

Die Eltern wünschen sich verständlicherweise zwei Klassen und die Schule weiß kaum, wie sie dieses Problem lösen kann. Denn, sobald ein Schüler aus irgendwelchen Gründen die Schule verlässt, ist die Schulleitung gezwungen aus diesen zwei Klassen sofort wieder eine Klasse mit 30 Schülern bilden zu müssen.

Was machen wir uns Gedanken, wenn einerseits viel Geld - von der NRW-Landesregierung - für teure Lehr-und Lernforschung etc. ausgegeben wird....
und dann nicht einmal pädagogische Mindeststandards umgesetzt werden können, weil die Klassen zu groß, die Lehrer überlastet sind und den Schulen per Erlass keine "pädagogischen" Handlungsmöglichkeiten erlaubt werden.....

Wozu brauchen Lehramtsstudierende "pädagogisches" Wissen, wenn sie dieses in ihrem Unterrichtsalltag gar nicht umsetzen können?
Man muss sich fragen, wieviel Investitionen ist uns unsere Zukunft wert?
Wozu werden teure und aufwendige Evaluationen und Studien gemacht, gemessen, was das Zeug hält, wenn die Unterrichtsbedingungen sich immer weiter verschlechtern?

Liebe Lehrer, Sie baden diese Politik aus...., Ihnen macht man Vorwürfe........, wenn unter solchen Umständen Ihr Unterricht nicht erfolgreich ist. Klären Sie die Bevölkerung über diese "unvernünftige" Politik auf, damit die BürgerInnen wissen, wer dieses Bildungschaos verantwortet....

Samstag, 26. April 2008

Element-Studie wird zum Politikum - Wie eine Studie Sachverhalte "belegt", welche sie nicht untersucht hat...

Bildquelle Pixelio: (c) Rainer Sturm
Was ist passiert? Herr Prof. Dr.Dr.Dr.h.c. Rainer Lehmann hat der "Zeit" ein Interview zu seiner Element-Studie gegeben. In dieser Studie werden die Schulleistungen zwischen "Grundschülern" und Gymnasiasten der 5. und 6. Klasse verglichen. Gemessen wurde mit den Tests der PISA-Studien in den Fächern Deutsch und Mathematik.

Die unterschiedlichen Interpretationen der Studie haben eine heftige Debatte ausgelöst:

Angefangen hat die Debatte mit der Darstellung des Studienautors Prof. Dr.Dr.Dr.h.c. Rainer Lehmann (Kurzbiographie)
DIE ZEIT 17/2008: Gemeinsam lernen Headlines:
Zwei Jahre hinterher
Die sechsjährige Grundschule in Berlin schneidet in einer neuen Studie enttäuschend ab. Ein Gespräch über die Ursachen mit dem Bildungsforscher Rainer Lehmann
Kurz darauf wurde der von Gegnern vorgeworfene "Interpretationsfehler" in einem neuen Beitrag in der " Zeit" geschildert, nachdem Prof. Dr. Olaf Köhler (Fachrichtung Psychologie und in der empirischen Bildungsforschung tätig) die Studie gelesen hat. Die "Zeit" berichtet in "Unglücksfall und Chance" darüber: (Zitat)
Aber der von Olaf Köller und anderen beklagte Unglücksfall könnte auch zu etwas gut sein. Die Öffentlichkeit und die Zunft müssen endlich kapieren, dass solche Studien, wie Jürgen Baumert, Direktor am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung und Doyen der empirischen Bildungsforschung immer wieder betont, nicht einfach etwas beweisen, sondern die Daten für begründete Interpretationen liefern. (Zitat Ende)
Weitere Internetquellen zum Thema:
Artikel, welche die Interpretation von Prof. Lehmann nicht teilen

Stellungnahme von Thomas Kerstan, Martin Spiewak und Jan-Martin Wiarda in DIE ZEIT, 24.04.2008 Nr. 18 Verwirrende Befunde - Aufregung um die Untersuchung zur sechsjährigen Grundschule in Berlin: Hat der Autor der Studie seine eigenen Daten falsch interpretiert?

Artikel, welche die Interpretation von Prof. Lehmann teilen:
Der deutsche Philologenverband und "Die Welt", schließt sich der Interpretation von Prof. Dr.Dr.Dr.H.c. Rainer Lehmann an:

Soviel zum augenblicklichen Stand der Diskussion in den Medien.......


Die Instrumentalisierung der Studie - Hintergründe
Zunächst zeigt sich an den Medienberichten, wie eine solche Studie "instrumentalisiert" wird bzw. werden kann. Kaum jemand scheint sich die Mühe zu machen, die Studie selbst zu lesen. Und kaum jemand scheint sich darum zu kümmern, wie die Studie aufgebaut war, um daraus eigene Schlüsse ziehen zu können. Und so dient eine Studie, je nachdem aus welcher bildungspolitischen Richtung die Anhänger stammen, völlig gegensätzlichen Interpretationen. ....

Was hat die Studie gemessen?
Die kleinere Schülergruppe, welche gemessen wurde, war ab der 5. Klasse in Berliner Gymnasien gewechselt. Es versteht sich von selbst, dass diese Schüler eine entsprechende Eignung (Schulleistungen / Intelligenz) besitzen mussten, um überhaupt das Gymnasium besuchen zu können.

Die größere Schülergruppe, welche gemessen wurde, waren Schüler (bis auf jene, welche vorzeitig ins Gymnasium gewechselt waren), welche auch im 5. und 6. Schuljahr in der Grundschule verblieben waren.

Die Korrelationsstudie hat die Leistungen im Bereich Leseverständnis und Mathematik der beiden Schülergruppen jeweils nach dem 5. und 6. Schuljahr miteinander verglichen.

Normalerweise würde man also erwarten, dass jene Schüler, welche für den Besuch des Gymnasiums "ausgelesen" worden waren, in einer solchen Studie deutlich besser abschneiden müssten, als jene Schülergruppen, welche sich aus den ganz schlechten, den normal begabten Schülern und besser begabten Schülern zusammen setzt.

Richtig gedacht, denn so war es auch. Beide Gruppen haben sich im "Verhältnis" gleich gut weiter entwickelt. Natürlich haben die Grundschulklassen im Schnitt durchgehend schlechter abgeschnitten. Allerdings waren die Lernfortschritte in beiden Gruppen gleich.

Und nun kommt die ideologisch gefärbte Bildungspolitik ins Spiel:

Der Philologenverband sieht die Existenzberechtigung der Gymnasien gefährdet. Deshalb favorisieren sie die Interpretation von Prof. Dr. Dr. Dr.h.c. Lehmann.....
Sie sind der Meinung, dass die Fachlehrer des Gymnasiums begabte Kinder besser fördern könnten, als Grundschullehrer, welche in der Regel alle Fächer unterrichten (oft ohne spezielles Fachstudium in ihrer Lehrerausbildung)

Die Anhänger eines Gesamtschulsystems sehen durch die Studie ihre Position gestärkt und wie man nachlesen kann, soll nun allmählich ein Gesamtschulsystem in Berlin eingeführt werden.

Was hat diese Studie inhaltlich geklärt und welche Fragen sind offen geblieben?
Eigentlich hat diese Studie nur bestätigt, dass Gesamtschüler in gleichem Maße gefördert wurden wie die "begabten" Gymnasialschüler. Nicht mehr und nicht weniger.

Offen bleibt die Frage, ob die "begabten" Gymnasialschüler in einer Gesamtschule dieselbe Förderung erfahren hätten, wie im Gymnasium. Diesen Punkt hat die Studie nämlich gar nicht untersucht. Und so hat diese Studie nur eines gebracht:
Eine vermeintliche Bestätigung dafür, dass die Gesamtschulidee Schülern weder schadet noch nützt...
Das entspricht auch den Ergebnissen aus der Studie von Prof. Dr. Fend: Studie von Prof. Dr. Fend belegt, dass der Schulerfolg von der Schulform unabhängig ist

In der Psychologie würde man das Ergebnis dieser Studie als Selffullfilling-Prophecy bezeichnen.....

Diese Angelegenheit ist ein Paradebeispiel dafür, wie Studien "benutzt" werden und Ergebnisse so interpretiert werden, wie sie "politisch" gerade in den Kram passen.

Die eigentlichen Probleme stecken vielmehr im Detail und werden durch eine solche Studie nicht erfasst.
Gleichzeitig zeigt dieser Fall, wie "anfällig" Interpretationen wissenschaftlicher Studien sind, wenn es um übergeordnete, staatliche und politische
Interessensverfolgungen geht.
Weitere Beispiele aus den USA hat kürzlich Lars Fischer in seinem Blog "Abgefischt" bei Wissenslogs.de beschrieben: Wie gut wir's doch haben.

Gleich
Link:
Schulleistungsuntersuchungen

Montag, 7. April 2008

NRW ist bildungspolitisches "Entwicklungsland"......

Es hagelt Elternproteste - zu Recht - sie bleiben ungehört - zu Unrecht....
Nordrhein-Westfalen ist das einzige Bundesland, welches die größten ersten Grundschulklassen hat. Hinzu kommt, dass Erst- und Zweitklässler zusammen unterrichtet werden.*

In unserem kleinen Ort wird das "historisch" überholte Schulmodell im zweiten Jahr wieder eingeübt. Zwischenzeitlich sind die Kinder - auf deren Kosten - dieses unheilvolle Schulexperiment durchgezogen wird, in der zweiten Klasse, mit dem Ergebnis, dass die Zweiklässler gewaltige Rückstände haben. Die Erstklässler sind - dank ihrer Hilfslehrer - hingegen recht erfolgreich. Die Lehrerin ist völlig überfordert....

Man hätte den Ausgang dieses Experiments vorhersagen können. Natürlich macht es den Kleinen großen Spass ihr Können an die jüngeren Mitschüler weiter zu geben. Der Haken: wie erwerben die "Könner" ihr weiteres Wissen, wenn ständig gemeinsam unterrichtet wird. Logisch, das ist für eine Lehrkraft quasi nicht machbar.

Leider ist die Ausbildung in Sachen Entwicklungspsychologie, Lernstörungen, individuelle Lernförderung, Lerntechniken etc. bei Grundschullehrern seit jeher stark vernachlässigt worden, so dass nur wenige - besonders begabte Lehrer - der Herausforderung verringerter Einzelförderung und gemeinsamen Unterrichts - überhaupt gewachsen sind. Aber Vorteil des Projektes: Viel Geld gespart, denn nun unterrichtet ja ein Lehrer zwei Klassenstufen....viel Geld gespart auf Kosten der nachwachsenden Generation. Die Schere - gerade für Schüler mit Migrationshintergrund - wird mit solchen Experimenten noch weiter auseinander gehen.

Und man wird weiter schlussfolgern, dass eine Gesamtschule für alle das Problem lösen werde. Allerdings: wie man sieht steckt der Teufel im Detail....

Interessant ist, dass gerade in NRW das jahrzehntelang SPD- regierte Land mit viel Kritik von der CDU " mit großen schulpolitischen Versprechungen übernommen wurde. Seither wird allerdings bildungspolitisch weit stärker "abgebaut". Damit hier keine Missverständnisse entstehen: dies ist keine politische Stellungnahme, sondern nur eine Stellungnahme darüber, wie wenig Interesse ganz Deutschland an seinem Nachwuchs hat. Hier prangere ich nur die "vollmundigen" Wahlversprechen an, welche natürlich nach Regierungsübernahme nicht umgesetzt werden. Denn insgesamt betrachtet ist ganz Deutschland ein "bildungspolitisches Entwicklungsland".

Ein Blick in den Norden genügt, um festzustellen, wie wichtig dort der Nachwuchs ist. Schauen Sie mal nach Norwegen, Schweden, Dänemark, Finnland in die Kindertagesstätten und Schulen. Wer das etwas kühlere Klima verträgt, sollte dorthin auswandern.....

Zu den Fakten:
  • 1. Es ist wissenschaftlich belegt, dass besonders gut in Klassen bis zu 16 Schülern gelernt wird. Diese Schüler haben deutliche Vorteile gegenüber Schüler in größeren Klassen. Soweit die Wissenschaft.....
  • 2. In NRW dürfen nicht unter 18 Schüler in einer Klasse sein! So vermeidet man rein vorsorglich eine bessere Unterrichtsqualität. (In Bayern und Hessen: Untergrenze 13 und Obergrenze 28 Schüler)
  • 3. Da die Schülerzahlen zurückgehen und in vielen Schulen 18 Schüler in der ersten Klasse nicht zusammenkommen, werden fortan bis zu 35!!! Schüler in den ersten Klassen unterrichtet.
Dabei sah das 12-Punkte-CDU-Wahlprogramm zur Schulreform seinerzeit vor:
"Wer Klassen so groß macht, dass Lehrer keine Zeit für den einzelnen Schüler haben, darf nicht über soziale Selektivität, Sitzenbleiber und Schulversagen jammern"

soviel zum ursprünglichen Wahlversprechen...soviel zur Zukunft unserer Kinder und Enkel im bildungspolitischen Entwicklungsland NRW....

Und der jahrgangsübergreifende Unterricht ist keine Lösung, sondern ein weiteres bidlungspolitisches Desaster....

FAZIT:
Ich kann nicht verstehen, dass sehr viel Geld in die Erforschung optimaler Lernvoraussetzungen investiert wird und wenn es dann an die Umsetzung jener Erkenntnisse geht, diese völlig ignoriert werden.
Anstatt dessen wird auf dem Rücken der Kinder einfach experimentiert. Wird denn hier völlig vergessen, dass jene Kinder einmal groß werden und ihre Kompetenz dann gefragt sein wird, wenn es um das Regieren unseres Landes geht? Was sind die Folgekosten dieser Maßnahmen (Arbeitslosigkeit, mangelndes Selbstbewusstsein, Aggressivität, Verdummung, Langeweile)?

Nicht nur umweltpoltisch leben wir auf Kosten der nachwachsenden Generation, sondern auch bildungspolitisch!

* Quelle: Neue Westfälische - Rubrik Ostwestfalen - "Eltern gegen Klassen mit 35 Schülern" - Protest gegen wachsende Eingangsstufe vom 7. April 2008 (Bernhard Hänel)

Sonntag, 6. April 2008

Das Unwort im Westen - "G8 - Schulzeitverkürzung"

Warum die Politik eine Schulzeitverkürzung wollte liegt auf der Hand:
Ein Schuljahr weniger, heißt in der Gesamtsumme weniger Schüler, weniger Klassen und weniger Lehrer = Geld sparen.

Nun hat man mit allerlei Anstrengungen die Verkürzung der Schulzeit in Windeseile "durchgeboxt" und ein paar Jahre - d.h. bis die recht ungeplante Umstellung erfolgreich sein wird - wird auf Kosten der jetzigen Schülergeneration "experimentiert.

Die "Zeit" sieht sich - angesichts der nach wie vor anhaltenden Diskussionen- um Stressbelastungen und der Schnellschuss-Umsetzung des G8-Projektes - nun in der Rolle Mut zu machen. Die Thüringer, haben die Sache doch gut im Griff:

Die Zeit: Mehr Mut zu G8
Es ist ein gefühlter Unterschied, der den Kindern zu schaffen macht«, sagt der Direktor am Rudolf-Diesel-Gymnasium im bayerischen Augsburg, Jakob Gaßner.
Ja, das ist logisch, denn wenn trotz Schulzeitverkürzung die Lehrpläne nicht geändert werden, dann werden Inhalte komprimiert. Wo weggelassen wird, entstehen Lücken. Inhalte, welche aufeinander aufbauen können nicht mehr verstanden werden. Das verursacht Stress. Ob es tatsächlich nur ein gefühlter Unterschied ist, angesichts dessen, wie die G8-Umstellung erfolgt ist, möchte ich bezweifeln.
Was früher aufeinander aufbaute, werde nun durcheinandergewürfelt
Diese Feststellung dürfte den Kern des Problems eher treffen. Da die Lehrpläne nicht per Verordnung, sondern im jeweiligen Belieben der Schulen geändert wurden, gab es naturgemäß Chaos. Denn welche Inhalte sollten gestrichen werden, welche nicht. Was ist, wenn ein Schüler die Schule wechselt. Hallo, wer denkt hier nach? Logisch, da werden die Schulen und Lehrer zu Buhmännern und diejenigen, welche die G8-Verordnung durchgeboxt haben, lehnen sich gemütlich zurück. Lehrer haben die Aufgabe zu unterrichten, den Unterricht gut vorzubereiten und die Schüler zu fördern. Nun sollten sie neben ihrer Arbeit auch noch kompakte Lehrpläne umgestalten. Da kann ja nur Chaos dabei herauskommen.
»Die alten Bundesländer müssen zu viel auf einmal umsetzen«, sagt der Schulleiter in Nordhausen: die Reformen nach Pisa, die Umstellung auf »Lernen lernen« und auf Methodentraining statt auf pure Wissensvermittlung und dann noch die Verkürzung der Gymnasialzeit.
Ja, ich denke man kann diesem Schulleiter aus Thüringen nur zustimmen. Wenn Reformen, dann soll immer alles auf einmal umgesetzt werden. Ob dies machbar ist, stellt man erst im Nachhinein fest. Man sieht, welche Fähigkeiten in der Generation, welche diese Entscheidungen getroffen hat, gefördert wurden......auf jeden Fall keine, welche logisches Denken und Organisationstalent förderten......

Nicht G8 ist das Problem, sondern dessen Umsetzung. ....

Und hätten die Wessis den Mut der Ossis, im Sinne von "Wir machen einfach, so sind wir sozialisiert. (Zitat)" , hätte es wahrscheinlich weit weniger Probleme gegeben.